STEFANIE HÖRNIG - MALEREI+ZEICHNUNG

Bildfindung
Ich arbeite fast ausschließlich im Bereich Malerei und Grafik. Dabei interessiert mich vor allem der Prozess der Bildfindung als ein- und ausschließender Vorgang. Wie finden wir, bei all den visuellen Eindrücken, zu einem Bild der Wirklichkeit im Allgemeinen und zu einer Umsetzung auf der Leinwand oder auf dem Papier im Speziellen. Ein Beispiel: Das Personal einer Straßenszene in der Großstadt besteht aus zwei unterschiedlichen Comicfiguren, den Passanten, einem Fuß, dem Piktogramm eines Rollstuhlfahrers und verschiedenen Ampelmännchen. Den Touristen informieren die Comicfiguren über eine aktuelle Trickfilmausstellung, die Passanten sind einfach so unterwegs, der Autofahrer ärgert sich, dass mal wieder nur der Behindertenparkplatz frei ist und sollte außer auf die Ampelmännchen auch auf die Ampelpunkte und den restlichen Verkehr achten. Das ist Alltag. Ohne unsere Aufmerksamkeit auf das Notwendige zu lenken und das Überflüssige auszublenden, können wir uns nicht zurechtfinden.
Dieses Ein- und Ausblenden, das Fokusieren interessiert mich. Allerdings übersteigt der visuelle Input, den ich zugrunde lege, den alltäglichen. Die Liste ist lang: da haben wir die Malerei, Werke von Künstlern, die mich beeindrucken; das visuelle Gedächtnis, Bilder aus der Erinnerung; eine Unmenge an Fotos: Familienfotos, Schnappschüsse, Fotos, die ich bewusst als Vorlage produziere; die Presse mit all ihren Abbildungen und Abbildungsstrategien und natürlich die Zeichnung.
Ich verfahre wie beim Collagieren, löse die bildnerischen Elemente aus ihrer gewohnten Umgebung, ihrem Kontext und schaffe neue Zusammenhänge. Dabei ist es möglich, dass ein Bild als ganzes, sozusagen als gemalte Kopie übernommen wird, oder einzelne Bildteile neu komponiert werden. Auch maltechnische Verfahren, lasieren, pastos spachteln, rakeln, experimentieren,... sind Teil des Verfahrens.
Dieses Vorgehen basiert auf einer intensiven Auseinandersetzung mit der Zeichnung als Ausgangspunkt der Bildfindung. Die Analyse meiner früheren Arbeiten zeigte, dass die Zeichnung, so unersetzlich sie mir auch ist, nie allein steht. Fotos, Kopien, Texte und vieles mehr ergänzen sie, bilden die Vorlagen für das, was letztendlich in meiner Malerei sichtbar wird. Den Umgang mit diesen, bisher vernachlässigten Vorlagen möchte ich in meinen neuen Arbeiten deutlich machen.